STIPENDIUMSBERICHT

Von Nicola Meier

 

 

 

Ich war im Herbst/Winter 2010 mit dem Stipendium der Michael-Jürgen-Leisler-Kiep-Stiftung für drei Monate in den USA. Meine Zeit dort habe ich für verschiedene größere Recherchen genutzt, die ich mir als freie Journalistin ohne das Stipendium nicht hätte finanzieren können. Die Geschichten haben mich kreuz und quer durch die USA geführt. Es war eine spannende, lehrreiche und großartige Zeit. Für die große Chance möchte ich mich herzlich bei der Kiep-Stiftung bedanken!

Begonnen habe ich meinen Stipendiums-Aufenthalt in der US-Hauptstadt Washington, D.C. In den ersten Wochen war ich dort mit den Vorrecherchen und Planungen für die Geschichten beschäftigt, dann ging es los. Die Stationen und Geschichten waren folgende:

Silver Spring, Maryland, und Laguna Beach, Kalifornien

Earl Albers war nach dem Zweiten Weltkrieg als US-Soldat in Berlin stationiert. Dort leitete er das Jugendprogramm der Armee. Er half so in den Nachkriegsjahren Tausenden deutschen Kindern und prägte ihre Lebensgeschichten. Zu vielen hat er noch heute Kontakt. Earl Albers lebt heute in einem Seniorenheim in der Nähe von Washington. Kurz vor seinem 90. Geburtstag ist er nach Kalifornien geflogen, wo er vier seiner „Berlin kids“ noch einmal wiedergesehen hat. Die Geschichte dieses besonderen Treffens habe ich aufgeschrieben.

Silver Spring, Maryland, und San Diego, Kalifornien

Der Krieg geht in den Köpfen zehntausender US-Soldaten auch nach ihrer Rückkehr von Einsätzen in Afghanistan und dem Irak weiter. Jeder fünfte Soldat kommt mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zurück. Ein neues Programm therapiert die Soldaten auf ungewöhnliche Art und Weise: Hunde sollen den Kriegsrückkehrern helfen, über ihre psychischen Traumata hinwegzukommen. Ich habe den Leiter des Programms in Silver Spring getroffen. In San Diego habe ich einen Veteranen getroffen, der nach seinen Einsätzen in Afghanistan und im Irak schwer traumatisiert war und einer der ersten Teilnehmer des Hundeprogramms war. Er sagt, sein Golden Retriever habe ihn gerettet.

San Diego, Kalifornien

In Kalifornien habe ich mich noch weiter mit den Folgen des Irakkriegs beschäftigt, und zwar am Beispiel von irakischen Flüchtlingen, die nun in den USA leben. Mich haben ihre Geschichten interessiert, und wie es sich für sie anfühlt, nun in einem Land zu leben, das ihr Heimatland angriff. Wie gehen sie damit um, und wie sind ihre Chancen in den USA? Davon handelt die Reportage.

Angola, Louisiana

In Louisiana war ich in einem Gefängnis, in dem es ein Hospiz gibt. In diesem kümmern sich Häftlinge um ihre sterbenden Mithäftlinge. Dieses besondere Konzept gibt es mittlerweile in verschiedenen Gefängnissen in den USA. Als Journalist Zugang zu bekommen, ist eine recht langwierige Angelegenheit. Bei manchen Gefängnissen war es im Zeitraum meines Aufenthalts nicht möglich. In Louisiana jedoch hat es mit einem Besuch im Gefängnishospiz geklappt. Es sind Begegnungen der besonderen Art, die dort stattfinden.

Las Vegas, Nevada

In Las Vegas habe ich mich mit den Folgen der Finanzkrise beschäftigt. Kaum eine US-Metropole hat sie so getroffen wie Las Vegas. Die Stadt hat eine der höchsten Arbeitslosenzahlen in den USA, und nirgendwo gibt es so viele Zwangsvollstreckungen von Privathäusern. Wo der Strip endet, beginnt jener Teil der Stadt, der mit Glanz und Glamour nichts zu tun hat. In den Notunterkünften der Stadt stehen die Menschen Schlange für Essensmarken und ein Bett für die Nacht, in den Jobcentern hoffen sie auf Arbeit. Es war ein Besuch in einer Stadt, die zwischen Größenwahn und Verfall schwankt, und bei Menschen, die alles verloren haben und trotzdem sagen: Es wird weitergehen.

Die verschiedenen Reportagen wurden veröffentlicht in „Der Tagesspiegel“, „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“, „Berliner Morgenpost“ und „Chrismon“.