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Andjela Bajramovic mit Craig Whitney von der New York Times |
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Es war ein aufregender Novemberabend (1999); eine hochinteressante Runde von GĂ€sten und eine vertrauensvolle, gemĂŒtliche AtmosphĂ€re. Drei Schlusskandidaten
waren ins Haus der Familie Leisler Kiep eingeladen, um sich den Fragen der Jury zu stellen und gleich nach dem Abendessen zu erfahren, wie diese entschieden hat.
Die NervositĂ€t war nicht zu verstecken. Ich zappelte mit meinen HĂ€nden herum, verdrehte meine FĂŒĂe um die wertvollen Stuhlbeine und legte mich
ins Zeug als ich an der Reihe war. Nach anfĂ€nglichem Austausch von persönlichen Details, kam dann die entscheidende Frage: âWarum wollen Sie eigentlich in die USA?â
Ich weiĂ nicht, ob sich noch jemand aus der Jury an meine Antwort erinnern kann, ich
konnte heute auch nicht mehr genau meine Worte von damals wiedergeben. Ich weià aber noch sehr genau, daà ich versucht habe das, was ich als Offensichtlich ansah, bestmöglich
auszudrĂŒcken. SchlieĂlich gibt es tausend gute GrĂŒnde, die USA zu besuchen!
Die USA sind das Land des non-stop Wahlkampfes, und jeder politische Journalist, dort wie
auch hierzulande, weiĂ, daĂ er nicht nur Beobachter, sondern auch Akteur ist. Mit der Aussicht die USA mitten im PrĂ€sidentschaftwahlkampf 2000 zu besuchen, fingen meine Schreibfinger heftigst an zu kribbeln.
WĂ€hrend ich also zur Jury redete, dachte ich unentwegt daran, daĂ in wenigen Wochen
bereits die Wahlkampflager der PrĂ€sidentschaftkandidaten aufgeschlagen sein werden, die Medien die ersten Wahlkampfspots zeigen und ich â mit etwas GlĂŒck â mittendrin und dabei sein könnte.
Ich redete und redete auf die Jury ein und hatte das GefĂŒhl selber in einem Wahlkampf zu
sein. Und tatsĂ€chlich, einige Stunden spĂ€ter und frisch zur Kiep-Stipendiatin des Jahres 1999 gewĂ€hlt, fĂŒhlte ich mich wohl so glĂŒcklich, als hĂ€tte ich gerade die PrĂ€sidentschaftwahlen gewonnen.
Anfang August 2000 war es dann so weit. Meine erste Station war Washington, DC. Im dortigen European Institute
arbeitete ich einen Monat lang mit der VizeprĂ€sidentin Maria Eli an der Organisation einer Konferenz zum Thema: âHe Impact of Information Technology on the Transatlantic âCoooperabilityâ Agenda.â
Was aber hat das denn mit Wahlkampf oder Journalismus zu tun? Viel, vorallem zur Zeit der
PrÀsidentschaftswahlen. Die Republikaner und die Demokraten unterscheiden sich deutlich in ihrer Ansicht zum Transatlantischem VerhÀltnis. Folglich haben wir auch jeweils einen
Senator aus den zwei politischen Lagern zur Konferenz geladen. Wie wichtig dieses Thema im Wahlkampfjahr ist, zeigte sich auch darin, daĂ sogar der stellvertretende US
Verteidigungsminister Rudy F. de Leon sich die Zeit nahm ĂŒber die Probleme im US-EuropĂ€ischen VerhĂ€ltnis zu sprechen.
Nach dieser sehr interessanten EinfĂŒhrung in eines der Hauptthemen des laufendem Wahlkampfes, fuhr ich im September nach Chicago, um bei der Chicago Tribune
selber ĂŒber die PrĂ€sidentschaftskandidaten und ihre Sichtweisen zu schreiben.
Die Kollegen, vorallem der Chefredakteur George de Lama, freuten sich ĂŒber VerstĂ€rkung
und ich wurde prompt in die Planung der Berichterstattung fĂŒr die folgenden Wochen des Wahlkampfes eingeweiht. Dazu trafen sich alle regionalen Chefredakteure und Berichterstatter in einem Fischrestaurant unweit der Tribune.
Beim spritzigen Sezieren von Krebsbeinen wurden Entscheidungen gefÀllt, die wohl jeder
Kandidat gerne beeinfluĂt hĂ€tte. Es ging schlieĂlich nicht nur um das Wann und Wo von Wahlkampfereignissen, ĂŒber die berichtet werde sollte, sondern auch um kritische Reportagen und Analysen zu den einzelnen Kandidaten.
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